Sehr geehrter Herr Gabriel!

Ihre jüngsten Äußerungen im SPIEGEL zur Streichung des Ehegattensplittings für junge Ehepaare bewirken bei uns von der ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT heftiges Kopfschütteln.  Ihre Ansicht, die Aufgabe des Staates sei nicht die Unterstützung der Alleinverdienerehe, sondern der Familie, halten wir, mit Verlaub, für sehr naiv. Von der SPD hätten wir wirklich mehr soziale Kompetenz erwartet. Daher wollen wir dazu aus der Sicht von Familien mit mehreren Kindern Stellung nehmen:

Dieses Vorhaben ist aus unserer Sicht demographisch, gesellschafts- und familienpolitisch völlig verfehlt.

1. steht neben der Familie auch die Ehe unter dem Schutz des Grundgesetzes.

2. ist  der von Ihnen behauptete Gegensatz zwischen Alleinverdienerehen und Familien  beim Ehegattensplitting sachlich unzutreffend. Bereits Peer Steinbrück hat als Bundesfinanzminister der schwarz-roten Regierungskoalition errechnen lassen, daß der Splittingeffekt zu 90% Ehepaaren mit Kindern zu gute komme. Deshalb warnte er sogar ausdrücklich von einer Abschaffung des Splittingvorteils.

3. zeigt die jüngste Basisanalyse führender Bevölkerungsforscher zur Entwicklung von Kinderwunsch- und Kinderlosigkeit den hohen demographischen Stellenwert von verheirateten Ehepaaren und Alleinverdienerehen.

4. ist die Ehe die kleinste, institutionalisierte Solidargemeinschaft unserer Gesellschaft, die dem Sozialstaat nicht nur dient, weil er dessen Etats entlastet.

5. ist das Ehegattensplitting Ausdruck einer leistungsgerechten Besteuerung von Ehepaaren mit dem gleichen Haushaltseinkommen, und

6. nur eine bescheidene Anerkennung der nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit immer noch mehrheitlich von Müttern geleisteten Haus- und Familienarbeit, und

7. nutzt das Splitting nicht nur Alleinverdienerehen, sondern auch erwerbstätigen Müttern/Frauen, die am Arbeitsmarkt massiv benachteiligt sind und durch die „Agenda 2010“-Politik der SPD-geführten rot-grünen Bundesregierung noch weiter ins Hintertreffen geraten sind.

Hätten Sie, Herr Gabriel, ein Durchschnittseinkommen wie die meisten Bundesbürger, dazu noch zwei oder drei Kinder, deren Mutter sich ganz persönlich um die individuelle Betreuung und Erziehung Ihrer Söhne und Töchter kümmern will, dann hätten Sie vielleicht eine realistischere Sicht auf den Gewinn des Ehegattensplittings, das Sie so kaltschnäuzig abwerten. Die kinder- und erwerbslosen Chefarztgattinnen, die als unberechtigte Nutznießerinnen des Ehegattensplittings gelten, fallen doch kaum ins Gewicht. Bevor Sie, Herr Gabriel, bei gewonnener Wahl, das Kind mit dem Bade ausschütten, rechnen Sie bitte durch, welcher Schaden dem Steuerzahler entsteht, wenn Ehegatten keine Verantwortung mehr füreinander übernehmen, und die Sozialkassen auch noch jene Leistungen stemmen müssen, die bislang selbstverständlich von Eheleuten gegenseitig erbracht werden.

Mit freundlichem Gruß

i. A. Bärbel Fischer

 

Ein Gedanke zu „Sehr geehrter Herr Gabriel!

  1. Gerade der letzte Absatz bringt die Wahrheit auf den Punkt: das Ehegattensplitting ist KEINE kinderbezogene Familienleistung, sondern dient der gerechten Besteuerung von Ehegatten als Gemeinschaft, die im Falle des Falles füreinander sorgen und damit die Sozialkassen entlasten.
    Seriösen Berechnungen zufolge ist das Splitting für den Steuerzahler sogar billiger, als wenn bei jedem Notfall gleich der Staat einspringen müsste.
    Daher müssen diejenigen, die das Splitting gerne als kindbezogene Familienleistung rechnen, endlich umdenken: das Splitting hat damit nichts zu tun. Dass es gerade Familien mit Kindern sehr hilft, ist nur ein angenehmer Nebeneffekt.
    Daher fordere ich, das Ehegattensplitting um eine Kinderkomponente zum Familiensplitting zu erweitern (nicht zu ersetzen, das ist ein Riesenunterschied!), so dass Kinder zu einer Reduktion der Steuerlast führen. in Frankreich ist dieses Modell sehr erfolgreich: hier führt gerade die Steuerersparnis durch mehrere Kinder zur Lust auf mehrere Kinder – und das demografische Problem löst sich fast von allein.

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