Politiker der Parteien kneifen

Der Staat benachteiligt die Familien massiv. Doch Politiker wollen sich dazu nicht äußern. Familienverbände hatten sie zu einer Tagung eingeladen.

MARTIN HOFMANN
„Wir haben alles versucht“, sagen Siegfried Stresing und Stephan Schwär. Der eine ist Geschäftsführer des Deutschen Familienverbandes, der andere Vorsitzender des baden-württembergischen Familienbundes der Katholiken. Bereits im Oktober haben sie angefragt – in den Parteizentralen von FDP, Union, SPD und Grünen sowie ihren Bundestagsfraktionen. Doch zur Podiumsdiskussion der Mannheimer Fachtagung über „Beitragsgerechtigkeit in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Krankenversicherung“ wollte am Wochenende kein Politiker erscheinen. Dabei ist Wahljahr und in den Familien dieser Republik leben 29 Millionen Menschen.

Vielleicht lag es am streitbaren Sozialrichter Jürgen Borchert als Mitdiskutanten. Er spricht von „Transferausbeutung der Familien“ und davon, dass Familienpolitik vor allem aus ökonomischen Gründen zwingend notwendig sei. Eine Gesellschaft, die zu wenig Kinder in die Welt setze, gefährde nicht nur alle Sozialsysteme, sondern ihren Wohlstand. Nicht nur die Finanzierung der Renten, der Kranken- und Pflegeversicherung hänge von der Zahl künftiger Erwerbstätiger ab. Auch kapitalgedeckte Versicherungen beruhten auf der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft.

Siegfried Stresing fordert „keine Almosen vom Staat, sondern Gerechtigkeit“. Eine Gesellschaft, die meine, sich der finanziellen Last des Kindererziehens entziehen zu können, ignoriere alle Zusammenhänge eines Staatswesens.

Borchert erklärt das so: Primär werde das Erwirtschaftete über Löhne und Gehälter verteilt. Da frage niemand, wie viele Münder ein Erwerbstätiger versorge. Dem Staat obliege, das über Steuern und Abgaben auszugleichen. Doch die Politik versage kläglich. Das Ergebnis rechnet Stresing vor: Einer Familie mit zwei Kindern fehlten bei 30 000 Euro Bruttogehalt im Jahr nach Abzug des Existenzminimums an frei verfügbarem Einkommen 3427 Euro, einem Ledigen blieben 11 169 Euro. Hinzu kommt: Mütter, die sich um ihre Kinder kümmern, büßen das im Alter durch eine geringere Rente. Kein Thema für die Politik? Sie ereifern sich lieber über Homo-Ehe und Betreuungsgeld, beklagen die Familienexperten.

 

3 Gedanken zu „Politiker der Parteien kneifen

  1. Beim Thema finanzielle Gerechtigkeit für Menschen mit Kindern machen sich Politik und Medien meistens sehr dünn. Mit Vokabeln wie „Babypause“ und „Herdprämie“ wird die Arbeitsleistung selbsterziehender Mütter und Väter ungestraft verbal platt gemacht. Diese Begrifflichkeit verfolgt das Ziel, elterliche Kinderversorgung- und -erziehung nur ja nie in die Nähe der Begriffe „Arbeit“ und „Leistung“ rücken zu müssen, denn dann wären das ja plötzlich Dinge, die man aufwandsangemessen bewerten, entgelten und in die Beitragsberechnungen der Sozialen Sicherungssysteme einfügen müsste. Weil sie arbeitstechnisch und finanziell häufig aus dem sprichwörtlichen letzten Loch pfeifen, lassen sich Eltern bis heute klaglos ausbeuten. Dass sie sich im latenten Streik befinden, können wir mühelos an der Geburtenzahl ablesen. Und weil die Politik auf dieses Protestsignal mit jahrzehntelang inkurabler Untätigkeit reagiert, nein, schlimmer noch, für teures Geld kindeswohlgefährdende Konzepte wie Krippenbetreuung installiert (und wir diese Einfaltspinsel auch noch wählen!) haben wir genau die Demografie, die wir verdienen.
    Dr. med. Dorothea Böhm

  2. Beim Thema finanzielle Gerechtigkeit für Menschen mit Kindern machen sich Politik und Medien meistens sehr dünn. Mit Vokabeln wie „Babypause“ und „Herdprämie“ wird die Arbeitsleistung selbsterziehender Mütter und Väter ungestraft verbal platt gemacht. Diese Begrifflichkeit verfolgt das Ziel, elterliche Kinderversorgung- und -erziehung nur ja nie in die Nähe der Begriffe „Arbeit“ und „Leistung“ rücken zu müssen, denn dann wären das ja plötzlich Dinge, die man aufwandsangemessen bewerten, entgelten und in die Beitragsberechnungen der Sozialen Sicherungssysteme einfügen müsste. Weil sie arbeitstechnisch und finanziell häufig aus dem sprichwörtlichen letzten Loch pfeifen, lassen sich Eltern bis heute klaglos ausbeuten. Dass sie sich im latenten Streik befinden, können wir mühelos an der Geburtenzahl ablesen. Und weil die Politik auf dieses Protestsignal mit jahrzehntelang inkurabler Untätigkeit reagiert, nein, schlimmer noch, für teures Geld kindeswohlgefährdende Konzepte wie Krippenbetreuung installiert (und wir diese Einfaltspinsel auch noch wählen!) haben wir genau die Demografie, die wir verdienen.
    Dr. med. Dorothea Böhm

  3. Volle Zustimmung, Frau Dr. Böhm!
    Trotzdem würde mich mal interessieren, ob es Hinweise oder Nachweise dafür gibt, dass vorwiegend Kinder aus jenen Familien zu früh und zu lange in Betreuungseinrichtungen gesteckt werden, wo Vater und Mutter aus finanziellen Gründen zum Doppelverdienst gezwungen werden.
    Ich befürchte nämlich, dass die abartige Krippen- und Betreuungsideologie mit ihrer Verunglimpfung der traditionellen Familie inzwischen den mageren Geldbeutel als Grund überholt hat.

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