Wahlversprechen der CDU in BW gebrochen

Sehr geehrter Herr Präsident des Philologenverbands BW,
sehr geehrter Herr Saur,

 

mit Genugtuung las ich heute in der Schwäbischen Zeitung, dass Sie die Entscheidung der Landesregierung, keine weiteren G9-Gymnasien zuzulassen, nicht einfach bloß hinnehmen, sondern sich für den Philologenverband lautstark wehren. Ich wohne im schönen Allgäu an der bayrischen Grenze. Im benachbarten Bundesland hat das Kultusministerium die Entscheidung über G8 oder G9 den Eltern überlassen. Am meinen Enkelkindern erlebe ich, wie wenig Zeit mehr für außerschuliche Bildung und Bildung im Elternhaus bleibt. Hier wird sträflich missachtet, dass Bildung nicht nur in der Schule, sondern auch in anderen Lebensbereichen erworben werden kann/muss. Kunstfertigkeit ( Musik ) und Körperbeherrschung ( Sport ) Strategie ( Schach ) Literatur ( Lesen ) etc. ,  kann nur durch tägliche Übung trainiert werden. Wie Herr Prof. Burchardt bin ich als Lehrerin i. R. eine ausgesprochene Gegnerin von verkürzter Schulzeit. Es sind Kräfte der OECD, die ein immer früheres, immer unreiferes  Eintreten ins Studium und in die Arbeitswelt forcieren. Unzureichend gebildet fehlt es den jungen Menschen entwicklungsgemäß an Weitblick und Kritikfähigkeit. Dies ist aber offensichtlich so gewollt. Denn nur so lassen sich Menschen als bloße Rädchen im Getriebe nutzen. Wer es sich nach dem Abi leisten kann nutzt das fehlende 9. Jahr sowieso für einen Trip durch die Welt. Es ist also nicht viel gewonnen, wenn man auf G8 besteht.

 

Dass die CDU ihr Wahlversprechen den Grünen geopfert hat, ist ein Skandal erster Güte und gehört angeprangert. Mich wundert die Kehrtwende der Grünen sowieso. Jedem Tierbaby soll artgerechtes Aufwachsen garantiert werden. Für Menschenkinder haben die grünen Ideologen dagegen nicht die geringste Empathie ( möglichst frühe Trennung von der Mutter, Kita statt Nestwärme, Mütter in den Erwerb, Kinder ausgelagert, Abschaffung der Grundschulempfehlung, verkürztes Gymnasium, Inflation der Reifezeugnisse ). Als ob es sich das reiche Deutschland nicht leisten könnte, Eltern eine rentenstabile Honorierung ihrer Erziehungsleistung zu gewähren. Schließlich sind Familien keine Bittsteller, sondern die Pfeiler der Gesellschaft. In Frankreich weiß man das noch. Hierzulande kuscht die CDU und zieht den Schwanz ein vor der Übermacht linker Ideologen.

 

Sehr geehrter Herr Saur, ich möchte Ihnen von Herzen danken für Ihren Einsatz zugunsten der Bildung in unserem Land. Macht es nicht auch Sie nachdenklich, dass heute 80% der Schulabgänger inflationär ein Reifezeugnis erhalten, also die akademische Laufbahn einschlagen? Was ist mit dem Handwerk, mit den Dienstleistern? Was läuft falsch? In welche Richtung driften die Bildungspläne?  Wer hat letztendlich das Sagen im Kultusbereich? Sind es noch die Länder, oder kuschen diese vor einer niemals demokratisch legitimierten OECD?

 

Als Mutter und Großmutter bange ich jeden Tag um die Zukunft meiner Enkel. Deren Auskommen im Alter scheint bereits heute schon bedroht durch die demographische Schrumpfalterung. Trotzdem ist unsere Regierung nicht bereit, Hand an die Wurzel des Problems zu legen. Ohne ausreichend nachwachsende Generation wird die Altersarmut wachsen. Schon heute fehlen uns die Enkel der tunlichst vermiedenen Kinder aus den Neunzigerjahren. Man lässt die Dinge einfach schleifen. Anstatt Familien ein faires Auskommen zu garantieren, verlässt man sich auf potentielle Zuwanderer.

 

Unzählige meiner Schreiben an Landes- und Bundespolitiker wandern seit Jahren in den regierungsamtlichen Papierkorb. Aber das Internet bewahrt für die künftigen Historiker den Widerstand aus der Bevölkerung. Zugegeben – ein schwacher Trost, von dem sich heute niemand etwas kaufen kann.

 

Daher, werter Herr Saur, halte ich es für einen Lichtblick, dass es Menschen gibt wie Sie, die noch die Hoffnung und die Kraft haben, sich zur Wehr zu setzen gegen die Machenschaften, denen  Familien und deren Kinder in unserem Land ausgesetzt sind.

 

Ich grüße Sie kollegial und zuversichtlich

Bärbel Fischer
ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT

 

Ein Gedanke zu „Wahlversprechen der CDU in BW gebrochen

  1. Heute (12.10 16 ) berichtet die Presse, dass sich 53 % aller Studenten in D „unter Druck“ fühlen, den Anforderungen eines Bachelor-Studiums überhaupt gewachsen zu sein. Vor allem Frauen fühlten sich besonders gestresst. Das verwundert, denn im Gymnasium sind es ja die fleißigen Mädchen, die bessere Abschlüsse abliefern als die Jungen. Insider führen das Problem auf die „Bologna-Reform“ zurück, die europaweit zur Harmonisierung der Studiengänge eingeführt wurde, und fordern eine Reform der Reform. Als Laie drängt sich mir allerdings die Frage auf, ob sich nicht viele männliche und vor allem weibliche Studenten am falschen Platz befinden. Eine akademische Laufbahn erfordert sehr viele intellektuelle Fähigkeiten, über die nicht jeder junge Mensch verfügt. Kopf und Hand – beide sind von Bedeutung für eine berufliche Laufbahn. Bevor man die Anforderungen absenkt, sollte man vielmehr duale Studiengänge ermöglichen, bei denen der praktische Aspekt eine wichtige Rolle spielt. Wir brauchen nicht nur Akademiker, sondern gut ausgebildete Praktiker, die mit modernen Techniken zu arbeiten verstehen.

    Aber wenn man schon auf die Empfehlungen der Grundschullehrer pfeift, braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich an Gymnasien und Hochschulen Leute tummeln, die entsprechend ihrer Begabung gefördert gehören.

    Übrigens: Seit ich im Ruhestand bin haben sich aus meinem Kollegium in den letzten Jahren mehrere grandios engagierte Kollegen verabschiedet, die heute keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit sehen. Voller Enthusiasmus waren sie gestartet. Doch die unaufhörlichen Mehrbelastungen durch so genannte „Reformen“, die Missachtung der Lehrerpersönlichkeit als Bildungsfaktor, Bildungspläne, die auf individualles digitales Lernen setzen, nur der Ökonomie, aber nicht mehr dem Humanismus gerecht werden – dies alles entwürdigt verantwortungsbewusste Männer und Frauen, denen die BILDUNG DER JUGEND ein Herzensanliegen ist. Völlig desillusioniert sehen sie ihre Arbeit heute entwertet. Bevor sie sich völlig missachtet fühlen wählen sie den Abschied unter Verzicht auf Ruhestandsansprüche. Den Kindern aber werden Vorbilder fehlen, die mehr zu bieten haben als bloße „Lernbegleitung“. Bildung ist mehr als Kompetenztraining, mehr als abfragbares Wissen, mehr als Sprossen auf der Karriereleiter.

    Wozu haben wir Kultusministerien? Haben diese nicht die Pflicht, schädliche Entwicklungen für die Jugend abzuwehren? Statt dessen folgen sie hörig den Vorgaben einer OECD, die nicht einmal ein demokratisches Mandat für sich beanspruchen darf.

    Wundert uns, dass sich viele junge Leute im Studium überlastet fühlen? Instinktiv fühlen sie, dass ein Bildungssystem ohne Wert und Würde in den Ruin führt.

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