Lob und Tadel für Bildung im Südwesten

Wirtschaftsranking sieht Nachholbedarf bei Ganztagsbetreuung

Ob OECD oder INSM oder andere – immer dreister erlauben sich Wirtschaftsorganisationen, in Sachen Bildung und Schule mitzureden, zu loben oder zu tadeln, zu fordern oder zu  kürzen. Und dies, obwohl sie von niemandem eine demokratische Legitimation dazu haben. Denn den Auftrag der Schule bestimmen  a l l e i n  das Grundgesetz und die jeweilige Landesverfassung.

Wie reagieren unsere Bildungsminister auf die unerbetene Kritik aus der Wirtschaft?  Sie buckeln, sie gehen bei schlechter Bewertung in Sack und Asche und verfallen in eine kaum zu ertragende Hektik, den Vorgaben des freien Marktes Folge zu leisten. 

So geschehen jüngst wieder in Baden Württemberg. Entgegen den heftigen Klagen von Eltern- und Lehrerverbänden rühmt sich Herr Stoch , die rote Laterne in Sachen flächendeckender Ganztagsbetreuung abgegeben, und überdies mit dem geplanten Bildungsplan für „eine bessere Bildungszukunft“  gesorgt zu haben. 

Ich frage: Wo bleibt nach 18  Jahren Ghetto und Anpassung an normierte, messbare Standards der kulturell gebildete, kritisch denkende junge Mensch mit eigenen Wertvorstellungen? 

Leserbrief zu: „Lob und Tadel für Bildung im Südwesten!                                  Schwäbische Zeitung, 20. August 2014 – WIR  IM  SÜDEN

Dass eine Wirtschaftsinitiative (INSM)  aggressiv mehr „Ganztag“ für Wickelkinder, Kindergarten, Grundschule bis ins Gymnasium fordert, verwundert nicht. Denn schließlich sollen möglichst alle Eltern ganztägig der Wirtschaft zur Verfügung stehen. Bei ihrer Erhebung müsste den  Autoren jedoch aufgefallen sein, dass genau diejenigen Bundesländer mit der geringsten Ganztagsfremdbetreuung die besten Bildungsergebnisse abliefern. Pardoxerweise arbeitet jedoch unsere Landesregierung seit zwei Jahren hektisch daran, diesen Standard auf Mittelmaß abzusenken, indem sie flächendeckend Ganztagseinrichtungen fraglicher Qualität aus dem Boden stampft. Anstatt sich dem INSM-Tadel zu widersetzen, fällt Kultusminister Stoch unterwürfig auf die Knie und gelobt noch mehr Einsatz! Eine wirtschaftshörige Bildungspolitik hat keineswegs die kulturelle Persönlichkeitsbildung junger Menschen vor Augen, sondern verkommt zur willenlosen Dienerin einer gefräßigen Marktwirtschaft.
Bärbel Fischer