Offener Brief an den Deutschen Frauenrat

Sehr geehrte Damen im Vorstand des Deutschen Frauenrats,                                wir nehmen Bezug auf eine Stellungnahme, die Ihre Vorstandskollegin, Frau Mechthild v. Luxburg, im Zusammenhang mit der Prognosstudie „Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen“! abgegeben hat. Dabei ging es vorrangig um eine Wiederholung der Forderungen des Deutschen Frauenrats (DF), das Ehegattensplitting („ohne Umwege über ein sog. Familiensplitting“) und die „beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung“ abzuschaffen.“

Nachdem sich der DF vehement und immer wieder neu in diesem Sinne äußert, bitten wir um die Klärung zweier Fragen:

1.   Wie kann es sein, dass ein Verband, der laut Satzung anstrebt,

  • den Belangen der Frauen in der Bundesrepublik Deutschland Gewicht zu geben und sie durchzusetzen (Satzung § 2,1. (I)),
  • die Stellung der Frauen in Familie, Berufs- und Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft zu   verbessern (Satzung § 2, 1. (2)),
  • die in Art. 3 des GG verankerten Gleichheits- und Gleichberechtigungsgebote zu verwirklichen (Satzung § 2,2.),                                                                                diese Ziele zwar angeblich im Namen aller Frauen in Deutschland vertritt, dabei aber in Wirklichkeit die große Gruppe der Frauen (und weniger Männer), die in Vollzeit häusliche Erziehungs- und Pflegearbeit leisten, diskriminierend ausschließt?

2.   Wie kann es sein, dass eine Frauenorganisation die Definitionvon Gleichheit und Gleichberechtigung nicht in der gleichen Werthaltung verschiedener Lebensentwürfe von Frauen, sondern lediglich in der Gleichstellung von Männern und Frauen in der Erwerbsarbeitswelt sieht?

Zu beiden Aspekten, die ja ineinandergreifen, stellen sich mehrere ergänzende Fragen:

Ist denn die patriarchale Sichtweise richtig und haltbar, dass allein der traditionell männlich gewesene Arbeitsplatz in der Produktion, dem volkswirtschaftliche Relevanz zugeschrieben wird, Anerkennung und Lohn verdient, und dass Frauen folglich nur durch die gleiche Beteiligung an dieser Arbeitswelt Gleichberechtigung erfahren könnten? Warum soll der traditionell von Frauen besetzte, reproduktive Arbeitsplatz in der Familie, der den Fortbestand und die soziale Sicherheit der Gesellschaft gewährleistet, nicht die entsprechende Anerkennung und finanzielle Absicherung erfahren?

Anerkennt der DF nicht das im GG Art.6 festgeschriebene Recht der Eltern, dass zuvörderst sie frei zu bestimmen haben, wie und durch wen ihre Kinder erzogen werden sollen? Durch die ausschließlich positive Werthaltung gegenüber der Erwerbsarbeit bei gleichzeitiger diffamierender Geringbewertung der elterlichen Erziehungsleistung wird diese Freiheit empfindlich beschnitten, ja in vielen Fällen sogar verweigert. Dem ist nicht mit der Forderung zu begegnen, die Väter sollten sich an den häuslichen Pflichten in gleicher Weise beteiligen, denn auch den Vätern ist nicht zuzumuten, die Benachteiligungen die sich daraus ergeben, widerstandslos hinzunehmen.

Wäre es nicht eine dringende Aufgabe des DF, neben der Forderung, die Führungspositionen in Politik und Wirtschaft zu 50% mit Frauen zu besetzen, auch die finanzielle Sicherung der Frauen, die Kinder gebären und erziehen und alte Eltern pflegen, voranzubringen? Die Klage und der Rat – auch des DF -, Frauen sollten sich durch derlei Lebensentwürfe doch bitte nicht in die Armut und Altersarmut treiben lassen, ist an kurzschlüssigem Zynismus kaum zu überbieten.

Man geniert sich fast, es immer wieder zu zitieren: Kinder sind unsere Zukunft. Um nachhaltig zu agieren, muss nicht nur die Wirtschaft mit Arbeitskräften versorgt, sondern es muss den Menschen, die Elternpfiichten übernehmen, ein hinreichender Entscheidungs- und Gestaltungsfreiraum geboten werden. Eine „Vereinbarkeit von Familie und Beruf‘, die immer offensichtlicher auf die Vollzeit-Erwerbstätigkeit beider Elternteile bei gleichzeitiger Verdrängung der Familie in die Freizeitnischen hinausläuft, erfüllt diesen Anspruch nicht. Alleinerziehende, die auch den zweiten Elternteil ersetzen müssen, gegen ihre Überzeugung aus der verantwortungsbewussten Wahrnehmung ihrer Elternpflichten herauszudrängen, hat mit Menschenwürde nichts zu tun. Modelle für Teilzeitarbeit sind so lange nicht familienfreundlich, als der Lohnausfall wie selbstverständlich von der Familie aufgefangen werden soll.

Abschließend möchten wir die Frage nach dem Ehegattensplitting und der „beitragsfreien“ Mitversicherung in der Krankenversicherung wieder aufgreifen: Warum stellt sich der DF in der Sache gegen die wiederholte Rechtsprechung des BVerfG, wonach die Familie als Erwerbsgemeinschaft zu betrachten ist, in der – wie z. B. auch in einer GmbH – den Einzelmitgliedern das erzielte Einkommen zu gleichen Teilen zugeordnet und dementsprechend mit Abgaben belastet wird? Sollte es sich der DF nicht doch noch einmal überlegen, ob er nur dem Idol der emanzipatorischen Einzelkämpferin dienen möchte und das Wohl all der Frauen, die in der Familie kooperieren wollen, hintanstellt, ja sogar dagegen Stellung bezieht?

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen                                                                                               Gertrud Martin                                                                                                        Vorsitzende des Verbands Familienarbeit e.V.

Quellen:

1.    Politischer Bericht zur Gesamtevaluation der ehe- und Familie~bezogenen Leistungen. Berlin, Juni 2013. Herausgegeben vom Bundesministerium für  Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Im Internet zu beziehen unter http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung2/                                                         Pdf-Anlagenlfamilienbezogene-leistungen.pdf

2.   Presserneldung des DF vom 23.01.2014: .Ebegattensplitting. Alte Zöpfe endlich abschneiden“. ImIntemetveröffentlichtunterhttp://WW\v.frauenrat.de/deuts ch/pressel pressemeldungenlpressemeldunglarticlelalte-zoepfe-endlich-abschneiden.html

 

Das Antwortschreiben des Deutschen Frauenrates

Sehr geehrte Frau Martin,

Ihr o. g. Schreiben an den Vorstand des Deutschen Frauenrats ist bei uns eingegangen; ohne dass dies in diesem Schreiben kenntlich gemacht wurde, wurde das Schreiben bereits am 01.03.2014 als Offener Brief auf Ihrer Website veröffentlicht. Dies und der mehr als befremdliche Ton Ihres Schreibens veranlasst uns, auf Ihre Fragen nicht weiter einzugehen. Unser Vorstandsmitglied Mechthild von Luxburg hat sich zu der Prognosstudie auf der Grundlage der Beschlüsse des Deutschen Frauenrates geäußert, die Ihnen, wie wir vermuten, seit langem bekannt sind.

Richtigstellen möchten wir allerdings, dass wir unsere Ziele keineswegs – wie Sie unter den Ausführungen unter 1. behaupten – angeblich im Namen aller Frauen in Deutschland vertreten, sondern im Namen der Mitglieder der im Deutschen Frauenrat zusammengeschlossenen Frauenverbände und -gruppen.

Mit freundlichen Grüßen                                                                                           Hannelore Buls, Vorsitzende                                                                                     Mechthild von Luxburg, Mitglied des Vorstandes

 

Antwortschreiben an den Deutschen Frauenrat

Ihr Schreiben vom 21. März 2014 – Unsere Antwort als OFFENER BRIEF

Sehr geehrte Damen im Vorstand des Deutschen Frauenrats,                                          sehr geehrte Frau Buls,                                                                                                      sehr geehrte Frau von Luxburg,

mit Dank bestätigen wir den Erhalt Ihres Schreibens vom 21. März 2014. Und mit einigem Befremden nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie sich einer inhaltlichen Beantwortung unseres Offenen Briefes vom 1. März 2014 entziehen.

Ihre Behauptung, unser Offener Brief sei nicht als solcher kenntlich gemacht gewesen, trifft nicht zu. Diese Kennzeichnung finden Sie in Dickdruck direkt über der Anrede. Einräumen möchten wir, dass der Brief versehentlich auf unserer Website eingestellt wurde, bevor er bei Ihnen eingegangen sein konnte.

Den von uns angeschlagenen, von Ihnen als „befremdlich“ bezeichneten Ton dürfen Sie dem Umstand zurechnen, dass wir unsererseits seit Jahren mit wachsendem Befremden registrieren, wie ein Deutscher Frauenrat (DF) die Interessen einer Mehrheit von Frauen, nämlich der Mütter, nicht nur missachtet, sondern gegen sie arbeitet. Folgerichtig wurden die von unserer Organisation, damals unter dem Namen Deutsche Hausfrauengewerkschaft –dhg – mehrmals beim DF gestellten Aufnahmeanträge ohne Begründung abgelehnt. Allerdings zeigte sich inzwischen klar, dass unser Anliegen, Gleichberechtigung für Familienarbeit zu erstreiten, bei Ihnen nicht gut aufgehoben gewesen wäre. Insofern ist auch Ihre Feststellung, der DF vertrete nur die Ziele der darin zusammengeschlossenen Frauenverbände, logisch. Danke für diese Klärung!

Wir würden es für korrekt ansehen, wenn Sie – der Wahrheit entsprechend – die Satzung des DF in den Passagen richtigstellen würden, wo gesagt wird, der DF setze sich dafür ein, die Stellung der Frauen in der Familie zu verbessern bzw. die in Art. 3 des GG verankerten Gleichberechtigungsgebote zu verwirklichen. Gleichberechtigung ist nicht teilbar, wie Sie es in Ihrer Gruppierung offenbar für möglich halten. Gleichberechtigung mit entsprechender Anerkennung und Honorierung kann sich nicht auf Erwerbstätige beschränken, sondern muss in gleicher Weise für die in der Familie Arbeitenden (Mütter wie Väter) gelten.

Mit freundlichen Grüßen                                                                                                     gez. Gertrud Martin                                                                                    Bundesvorsitzende Verband Familienarbeit e. V.

Villingen, 14. Mai 2014

 

Sehr geehrte Frau Dr. Sacksofsky,

in Ihrem Rechtsgutachten zur Vereinbarkeit des geplanten Betreuungsgeldes nach § 16 Abs. 4 SGB VIII mit Art. 3 und Art. 6 GG“ vom Oktober 2010 verbreiten Sie Unwahrheiten, die so nicht hingenommen werden. Weder werden Familien durch eine „beitragsfreie Mitversicherung“ begünstigt, noch durch das Ehegattensplitting.
Folgende Kommentare im TAGESSPIEGEL vom 22. 07. 11 mögen dies verdeutlichen:

150 Euro Betreuungsgeld reichen nicht (klippundklar)
Frau Professorin Sacksofsky sollte sich einmal Nachhilfestunden geben lassen bez. „beitragsfreier Mitversicherung der Familienangehörigen“. Denn wenn ein dreifacher Familienvater 4000 Euro Brutto verdient, dann muss er dieses Einkommen sofort mit Frau und Kindern teilen. Es stehen also jedem Mitglied der Familie 800 Euro zur Verfügung. Jede Person zahlt von ihren 800 Euro den entsprechenden Beitrag an die Krankenversicherung, in der Summe also den Beitrag, den der Vater tatsächlich abführt. Beitragsfrei wären Frau und Kinder erst dann, wenn der Vater nur für seine 800 Euro Beiträge zahlen müsste.

Wir haben es hier also wieder einmal mit bewusster Täuschung der Öffentlichkeit zu tun. Von einer Jurakapazität sollte man schon korrekte Informationen erwarten können.

Augenwischerei
Ehegattensplitting ( ES ) als Förderung familiärer Kinderbetreuung? Weit gefehlt, Frau Sacksofsky. Sie als Fachfrau sollten selbst am besten wissen, dass auch kinderlos verheirateten Frauen das ES zusteht, wenn ihr Einkommen geringer ist als das des Gatten. Mütter von drei und mehr Kindern haben – unrechtmäßig bis heute – gar kein Einkommen, weil ihr Arbeitsplatz zuhause ist. Also: Das ES hat mit Kindern überhaupt nichts zu tun. Nur – und das ist absolut richtig – ohne ES stünde es um das Familienbudget noch übler als ohnehin. Seit Renate Schmidt und Ursula v.d. L. werden öffentliche Leistungen bedenkenlos als Transferleistungen gepriesen, obwohl sie gar keine sind, z. B. auch die oben beschriebene „beitragsfreie Mitversicherung.“

Was ist der Grund für diese Augenwischerei? Sicher nicht Unwissen, sondern Absicht. Man will offenbar alle familienpolitischen Ressourcen in neue Kindertagesstätten stecken. Eltern sollen Kinder haben als hätten sie keine. Für die „Parkplätze“ sorgt der Steuerzahler.

Werte Frau Dr. Sacksofsy, Sie sind der Ansicht, dass durch die Zahlung eines Betreuungsgeldes an SelbsterzieherInnen der Staat ein bestimmtes Familienmodell begünstigt. Ja wo leben Sie denn? Die unrechtmäßige Begünstigung zugunsten des Modells der vollerwerbstätigen Mutter haben wir doch seit 2007 bereits, wenn jeder Krippenplatz mit monatlich 800 Euro staatlich subventioniert wird. Hier und nur hier lohnte es sich, rechtliche Bedenken einzubringen und ein entsprechendes Gutachten zu erstellen. Was bedeuten dagegen schon 150 Euro Betreuungsgeld, die umgerechnet einen Stundenlohn von 52 Cent ausmachen?

Mit der Bitte, Ihre populistischen Behauptungen öffentlich zu korrigieren grüßt Sie freundlich
Bärbel Fischer
ELTERNINITIATIVE FÜR FAMILIENGERECHTIGKEIT