21. September 2018 – Internationaler Tag des Friedens 2018

Pressemitteilung

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Eltern haben eine Schlüsselrolle zum Weltfrieden

Mütter sind Herzstück einer Friedenskultur. Gemeinsam mit den Vätern sind sie die ersten, die sich um die Kinder sorgen, sie pflegen und erziehen; in diesem Zusammenhang können Eltern zur Prävention von Konflikten und einer dauerhaften Friedenskultur beitragen – sofern sie in dieser Rolle auch anerkannt, ausgebildet und unterstützt werden.

Make Mothers Matter hat, gemeinsam mit CARE International Marrokko, am 3. und 4. Mai 2018 in Casablanca eine internationale Konferenz zur Rolle der Mütter für den Frieden#Mothers4Peace organisiert. Die Konferenz stand unter der Schirmherrschaft Seiner Majestät König Mohammed IV und debattierte über die Rolle der Mütter innerhalb der Familie ebenso wie deren Rolle auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene.

Am heutigen Tag des Internationalen Friedens möchte Make Mothers Matter zwei der wichtigsten Schlussfolgerungen dieser Konferenz teilen, die alle Eltern betreffen: in der Tat haben neue wissenschaftliche Studien aufgezeigt, dass der Frieden im eigenen Heim beginnt und dass die Erziehung zum Frieden schon in frühestem Kindesalter beginnt.

1. Ecksteine der Errichtung einer Friedenskultur sind der Schutz der frühen Kindheit und die Ermutigung zur Friedenserziehung.

Die Botschaft von Dr. Rima Salah, Professorin am Yale Zentrum für Kinderforschung und ehemalige stellvertretende Generalsekretärin der UNICEF, ist klar und drückt alles aus über die Notwendigkeit, in die Entwicklungspolitik der frühen Kindheit zu investieren:

„ Wenn das Erbgut eines Individuums grundlegend ist, so liefert die Elternschaft ein Erbe, das unsere Gene bestimmt. Die Art und Weise, wie ein Kind ernährt und sehr früh in seinem Leben aufgenommen wird, hat eine unmittelbare Auswirkung auf die

Struktur und Funktion seines Gehirns. Diese neuen Erkenntnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Zukunft von Millionen von Kindern, die in zerbrechlichen Umständen auf der ganzen Welt leben, wie auch auf unsere Vision für ein Fortschreiten einer Friedenskultur und die Aufrechterhaltung des Friedens weltweit….Dieses Wissen zeigt auch die Bedeutung der positiven Elternschaft auf und verstärkt den Beweis, dass Anregungen, sorgfältige Pflege, Bindung, Schaffung von Beziehungen und die Schaffung eines sicheren und heiteren Umfeldes für die Kinder einen positiven Einfluss auf die Gehirnentwicklung haben und ihnen helfen, harmonisch aufzuwachsen.“

2. Die Teilhabe der Väter an der Erziehung ihrer Kinder durch die Stärkung einer positiven Vaterschaft reduziert die Gewaltbereitschaft innerhalb und außerhalb der Familie.

Gary Barker ist Mitgründer von MenCare, Vorsitzender und Generaldirektor von Promundo, weltweit führend im Engagement von Männern und Jungen zugunsten der Gleichheit zwischen den Geschlechtern und der Gewaltprävention. Für ihn bedeutet eine ausgeglichene und gewaltlose Beteiligung der Männer an der Kindererziehung einen Beitrag zum Frieden. Die Sensibilisierung zukünftiger Väter ist dabei ein Schlüsselmoment.

„ Neue Forschungen ergeben, dass das Engagement der Männer in Erziehungsprogrammen für eine positive Vaterschaft nicht nur die Beteiligung der Väter an der Erziehung der Kinder erhöht, sondern auch Gewalt vermindert und die Gleichheit Männer/Frauen innerhalb der teilnehmenden Familien begünstigt.“

Ein Programm zur Elternschulung in Ruanda mit 1 700 werdenden Vätern hat zum Beispiel eine 50% Minderung von Gewalt an Frauen erwiesen und eine Gewaltreduktion von 30% gegenüber Kindern erwirkt.

Außerhalb der Familie ist Friedensbildung eine kollektive Verantwortung. Wir alle müssen die friedensstiftende Rolle von Eltern anerkennen und unterstützen, durch familienpolitische Maßnahmen, Unterstützungsprogramme und Erziehung von Eltern zu einer positiven Elternschaft.

Zum Anlass des Tags des Internationalen Friedens müssen wir die Bedeutung von Müttern und Vätern am Aufbau einer Friedenskultur anerkennen. Make Mothers Matter wünscht, dass diese wesentliche Rolle der Eltern eine Selbstverständlichkeit würde und eine Priorität für die politischen Entscheider und für jeden von uns: Eltern brauchen eine bessere Anerkennung, ebenso wie Bildung, Informationen und Unterstützung.

Aus dem französischen Original übersetzt von Ute Steinheber

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Über Make Mathers Matter

MMM ist eine internationale NGO, partei-und konfessionsunabhängig, gegründet 1947 in der UNESCO mit beratendem Status bei der UNO. Ihre Mission ist die Rolle der Mütter weltweit zu stützen, aufzuwerten und ihren wesentlichen Anteil an sozialer, ökonomischer und kultureller Entwicklung wertzuschätzen. In Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedsverbänden, die ebenfalls zu dieser Thematik arbeiten, handelt MMM auf internationalem Niveau, um politische Entscheidungen sowie die öffentliche Meinung so zu beeinflussen, damit das Leben von Müttern weltweit verbessert werden kann.

Pressekontakt in Deutschland:

Ute Steinheber

usteinheber@familienarbeit.org

Landesvorsitzende Baden-Württemberg des Verbands Familienarbeit e.V. www.familienarbeit-heute.de
Mitglied des Verwaltungsrats von MMM, Paris www.makemothersmatter.org

An das Bundesamt für gesundheitliche Aufklärung – betrifft anstößige und entehrende Plakatierung auf Kosten der Steuerzahler

So geschehen in Freiburg an der Bushaltestelle, wo meine Enkel täglich auf den Schulbus warten. Beidseitig am gläsernen Unterstand Plakatierung durch das Bundesamt für gesundheitliche Aufklärung: Comicdarstellung von Jungen und Mädchen mit Problemen an den Genitalien: Brennen, Jucken, Schmerzen – wegen ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit der Aufforderung, sofort zum Arzt zu gehen.

Unser Schreiben an das Bundesamt für gesundheitliche Aufklärung:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich selbst habe jüngst an einer Bushaltestelle in Freiburg meinen Enkeln erklären müssen, dass diese Werbung mit LIEBE gar nichts zu tun hat. Lodernde Flammen aus der Jeanshose – was soll das? Ich habe ihnen erklärt, dass jeder, der sich Schokolade, Eis, Currywurst, Pommes und Alkohol in den Magen stopft, selber schuld ist, wenn er kotzt. Da kann auch der Arzt nicht viel tun. Ein überforderter Penis, der brennt, weil er nie genug bekommt von wechselndem Sex, hat eigentlich keinen Anspruch auf ärztlichen Beistand auf Kosten der Beitragszahler. Es sei denn, er wird selber für seine Sucht zur Kasse gebeten.

Aber meine Enkel, 7 und 11 Jahre alt, konnten mit derlei Erklärungen herzlich wenig anfangen, denn LIEBE, das kennen sie nur von Mama und Papa als Kuscheln, Nähe, Hilfsbereitschaft und gelegentlichen Verzicht auf eigene Pläne zugunsten gemeinsamer Vorhaben.

Fazit: Solche Werbeplakate mögen vielleicht Jugendliche auffordern, zum Arzt zu gehen, wenn ihre Genitalien strapaziert sind. Aber an Bushaltestellen warten eben Schulkinder, die lernen: Aha, du kannst dich maßlos austoben ohne jede Verantwortung für deine Partnerin. Dein eigener einzigartiger Penis aber hat Anspruch auf die Hilfe der Versicherten, damit du nach medikamentöser Behandlung ungehindert weiter deinem Sexualtrieb nachgeben kannst.
Keine Rede von:
  • Warte, bis du das Mädchen triffst, mit dem du zeitlebens beisammen bleiben willst!  
  • Welches Mädchen möchtest du deinen Eltern vorstellen?
  • Welches Mädchen nimmt dich ernst, nicht nur für diese eine Nacht?
  • Welchem Mädchen möchtest du Schutz und Begleitung sein?
  • Mit welchem Mädchen möchtest du eine Familie gründen, Kinder haben?
Doch solche Fragen hat das Bundesamt für gesundheitliche Aufklärung heute nicht mehr auf dem Schirm. Es geht lediglich um schnellen Sex, jetzt, sofort, ohne Verantwortung.
Warten, Triebaufschub – heute keine Frage mehr! Obwohl die psychiatrische Forschung den Triebaufschub zur zentralen  Voraussetzung benannte, um Süchten vorzubeugen, das zuständige Bundesamt brummt die Kosten der Suchtfolgen der Allgemeinheit auf. Und dafür werden dann Millionen Euro für zweifelhafte Plakatprojekte rausgehauen, ohne den Schutz  unserer Kinder zu berücksichtigen.
Ich frage mich ernsthaft, zahle ich meine Steuern für solchen Schwachsinn?
Dieses Schreiben geht auch an Frau Franziska Giffey vom Ministerium für Frauen und Familie.
MfG
Bärbel Fischer

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Antwort aus dem Bundesministerium für Gesundheit, 8. Juni 2018

Sehr geehrte Frau Fischer,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die mir vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend zuständigkeitshalber zugeleitet wurde.

 

Sie sprechen die Kampagne Liebesleben an. Gerne informiere ich Sie:

 

Warum wurde der Cartoon-Stil gewählt?

In der HIV-Prävention wurde seit Anfang der 80er Jahre in Deutschland viel erreicht. Die Bevölkerung ist gut über Risiken, Nichtrisiken und Schutzmöglichkeiten informiert. Sie weiß, wie man Kondome benutzt und schützt sich in sexuellen Risikosituationen mit Kondomen vor einer Ansteckung mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen.

Dass es in den 80er Jahren peinlich war, Kondome zu kaufen, kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Mit dem Ziel, Kondome zu enttabuisieren und sprachfähig zu machen, setzte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bereits in den frühen Zeiten der HIV-Prävention auf Humor, Information und positive Handlungsempfehlungen. Dank der erfolgreichen, humorvollen Präventionsarbeit der BZgA und dem Fortschritt und Ausbau in der medizinischen HIV-Versorgung in den letzten 30 Jahren, gehört Deutschland zu den Ländern mit den niedrigsten HIV-Neuinfektionsraten in Europa. Die niedrigen HIV-Infektionszahlen im europäischen Vergleich zeigen, dass der Ansatz sehr gelungen war.

Heute sind es die sexuell übertragbaren Infektionen (STI), die mit Scham und Tabu besetzt sind. Wesentliche Ziele der Kampagne sind neben der Vermittlung der zentralen Botschaften, für STI zu sensibilisieren, die Bevölkerung zu dem Thema sprachfähig zu machen und STI über den Kommunikationshebel Humor zu enttabuisieren. Die aufmerksamkeitsstarken, humorvollen Cartoons sind bestens dafür geeignet, diese Ziele zu erreichen. Das haben neben einem Konzepttest auch die jährlich stattfindenden Pretestungen ergeben.

 

Wird durch die Darstellung in Comicform nicht ein ernstes Thema bagatellisiert?

Damit Menschen sich mit einem Thema positiv auseinandersetzen, bedarf es eines emotionalen Impulses. Mit Blick darauf, dass sexuell übertragbare Infektionen immer noch für viele ein Tabuthema sind, hat die BZgA einen humorvollen Ansatz in Form von Cartoons gewählt, um Nähe zur Zielgruppe aufzubauen. Dieser Weg hat sich bereits in der Vergangenheit bewährt, als mit den Plakaten der Kampagne „mach’s mit“ mit einem Augenzwinkern zur Kondomnutzung motiviert wurde. Die Pretestergebnisse zur Cartoon-Kampagne zeigen, dass die Motive durch ihren Humor von den Zielgruppen positiv aufgenommen werden. Sowohl das Stilmittel Cartoon als auch die einzelnen Motive wurden vor Veröffentlichung evaluiert. Dabei wurden die Motive unter anderem auf ihr Botschaftsverständnis, ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, die Eigenschaften, die den Motiven zugewiesen werden, und auf ihre Eignung hin untersucht. Der Pretest zeigt …

–          … dass die ausgewählten Motive sehr gut von der Bevölkerung verstanden werden und dass insbesondere die Motive zum Thema „Arztbesuch“ einen hohen Neuigkeitswert haben.

–          … dass die Motive eine hohe Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung haben und dass der Grad der sexuellen Anspielung von der großen Mehrheit der Befragten als „genau richtig“ empfunden wird.

–          … dass die Motive bezüglich ihrer Wirksamkeit als in hohem Maße geeignet eingeschätzt werden, mehr Menschen dazu zu bringen, sich beim Sex vor einer möglichen Ansteckung zu schützen bzw. mehr Menschen dazu zu bringen, bei Verdacht auf eine STI zum Arzt zu gehen.

 

Wirkt die Kampagne der BZgA, auch wenn die Infektionszahlen (Syphilis, etc.) steigen?

Dank der erfolgreichen Präventionsarbeit der BZgA und dem Fortschritt und Ausbau in der medizinischen HIV-Versorgung in den letzten 30 Jahren, gehört Deutschland zu den Ländern mit den niedrigsten HIV-Neuinfektionsraten in Europa. Untersuchungen zeigen, dass das Wissen über HIV in Deutschland hoch ist.

Das Wissen über andere sexuell übertragbare Infektionen und deren Symptomen ist hingegen gering. Genau hier setzen die Cartoon-Motive der LIEBESLEBEN-Kampagne an. Sie informieren über STI-Symptome in Kombination mit der positiven Handlungsempfehlung: „Geh bei Anzeichen auf eine STI zu deiner Ärztin oder deinem Arzt! Die Diagnose und Behandlung von STI sind wichtig, um Infektionsketten durchbrechen und Neuinfektionen zu vermeiden.“

 

Warum braucht es öffentlichkeitswirksame Plakate, um die Ziele der HIV/STI-Prävention erreichen zu können?

Seit 1987 setzt die BZgA eine nationale Kampagne zur HIV-Prävention und – seit einigen Jahren – zur STI-Prävention um. Der Begriff Kampagne meint in diesem Zusammenhang einen Mix aus reichweitenstarken Maßnahmen zur bevölkerungsweiten Ansprache sowie zielgruppenspezifischen und individuellen Informations- und Beratungsangeboten. Dieser Mix hat sich bewährt und wird auch mit der aktuellen LIEBESLEBEN-Kampagne weiter umgesetzt. Plakate sind aufgrund ihrer hohen Reichweiten ein wesentlicher Bestandteil im Medien- und Maßnahmen-Mix. Mit ihnen kann die BZgA knapp 90 Prozent der Gesamtbevölkerung mit den wichtigsten Basisinformationen der HIV/STI-Prävention erreichen und den Wissensstand der Bevölkerung steigern.

Neben der Massenkommunikation fließen große Teile der Mittel, die der BZgA für ihre Präventionsarbeit zur Verfügung stehen, auch in zielgruppenspezifische Angebote, wie zum Beispiel Broschüren, Methodensammlungen und personalkommunikative Ansätze, durch welche die Arbeit vor Ort unterstützt und gestärkt wird, z. B. in Beratungsstellen, Schulen, Arztpraxen etc. Durch weitere Mittel werden die individuellen Angebote wie zum Beispiel die Telefon- und Onlineberatung der BZgA finanziert, an die sich jeder Bürger bei Fragen wenden kann.

 

Passen sexualisierte Motive in den öffentlichen Raum?

Mit der Befürchtung, dass Plakate mit Botschaften der HIV-/STI-Prävention zu explizit sein könnten, sieht sich die HIV/AIDS-Prävention von Beginn an vereinzelt konfrontiert. Auch die klassische ‚mach’s mit‘-Kampagne (großflächige Darstellung von Kondomen) ging Teilen der Bevölkerung Anfang der 90er Jahre zu weit, gleichzeitig war sie eine der erfolgreichsten und beliebtesten Kampagnen der Gesamtbevölkerung. Im Rückblick hat sie wesentlich dazu beigetragen, die Kondomnutzung in Deutschland zu fördern.

Aufgabe der aktuellen Kampagne ist es, Menschen über HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen zu informieren und sie zu einem verantwortungsvollen Verhalten sich selbst und anderen gegenüber zu motivieren. Damit dies gelingen kann, müssen die Motive an die Lebenswirklichkeiten von Menschen anknüpfen, glaubwürdig und lebensnah sein.

Alle von der BZgA verwendeten Motive werden vor ihrer Veröffentlichung in Testverfahren unter anderem auf ihre Akzeptanz in der Bevölkerung hin überprüft. Die Tests zu den aktuellen Motiven zeigen, dass die Motive eine hohe Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung haben und dass der Grad der sexuellen Anspielung von der großen Mehrheit der Befragten als „genau richtig“ empfunden wird. Bezüglich ihrer Wirksamkeit werden die Motive als in hohem Maße geeignet eingeschätzt, mehr Menschen dazu zu bringen, sich beim Sex vor einer möglichen Ansteckung zu schützen bzw. mehr Menschen dazu zu bringen, bei Verdacht auf eine STI zum Arzt zu gehen. Damit entsprechen die Motive den Qualitätskriterien, die die BZgA an eine Veröffentlichung knüpft.

 

Fördern die Motive der Kampagne den Werteverfall in unserer Gesellschaft?

Nein, das tun sie nicht. Die Motive zielen alle darauf ab, Menschen über HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen zu informieren und sie zu einem verantwortungsvollen Verhalten sich selbst und anderen gegenüber zu motivieren. Die Motive knüpfen dabei an die Lebenswirklichkeiten von Menschen an – hierzu gehören z. B. wechselnde Partnerschaften. Die Motive müssen als glaubwürdig und lebensnah wahrgenommen werden, damit die Präventionsbotschaft aufgenommen, möglichst akzeptiert und umgesetzt wird.

 

Die Motive hängen neben Schulen und Kindergärten. Muss das sein? Wie soll ich das meinem Kind erklären?

Die Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen findet im Kontext von Sexualität statt, einem besonders sensiblen Feld im Bereich der Massenkommunikation. Aus diesem Grund werden alle unsere Motive vor ihrer Veröffentlichung in Testverfahren überprüft. Die Testergebnisse zeigen, dass die Motive eine hohe Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung haben und dass der Grad der sexuellen Anspielung von der großen Mehrheit der Befragten als „genau richtig“ empfunden wird. Bezüglich ihrer Wirksamkeit werden die Motive als in hohem Maße geeignet eingeschätzt, mehr Menschen dazu zu bringen, sich beim Sex vor einer möglichen Ansteckung zu schützen bzw. mehr Menschen dazu zu bringen, bei Verdacht auf eine STI zum Arzt zu gehen. Damit entsprechen die Motive den Qualitätskriterien, an die die BZgA eine Veröffentlichung knüpfen.

Dass Meinungen auseinander gehen, ist für eine Kampagne, die im öffentlichen Raum stattfindet, nicht ungewöhnlich. So gibt es beispielsweise besorgte Fragen, wie Kinder die Form der Darstellung wahrnehmen könnten. Dazu lässt sich sagen, dass sich die Wahrnehmung von Kindern – auch von Plakaten oder anderen Bildern im öffentlichen Raum – wesentlich von der Wahrnehmung erwachsener Menschen unterscheidet. In unserer heutigen Welt ist die Darstellung von Sexualität allgegenwärtig. Ob auf Zeitschriften am Kiosk, auf Werbeplakaten für Unterwäsche, im Fernsehen oder in Filmen im Internet. Überall werden Erwachsene sowie Kinder mit der Darstellung von Sexualität konfrontiert. Richtig ist, dass Kinder all diese Bilder wahrnehmen. Allerdings verstehen sie die sexuelle Bedeutung häufig noch nicht und stellen Fragen wie: „Was machen die denn da?“

Die Fragen der Kinder geben einen guten Anlass für Eltern, um mit ihnen über Sexualität zu sprechen. Denn das kindliche Bild von Sexualität setzt sich nicht nur aus medial vermittelten Bildern zusammen. Es ist vielmehr wie ein Mosaik aus vielen verschiedenen Eindrücken und Erfahrungen zusammengesetzt, die Kinder mit ihrem Körper, mit ihrem Geschlecht und mit Beziehungen machen. Eltern kommt in diesem Mosaik eine wichtige Rolle zu. Wie altersgerecht mit Kindern über Sexualität und Liebe gesprochen werden kann, erläutert die Broschüre: Liebevoll begleiten… http://www.bzga.de/botmed_13660500.html

 

Aus welchem Grund fokussiert sich die Prävention nicht stärker auf die Vermittlung von moralischen Werten wie Treue oder Abstinenz vor der Ehe?

In Deutschland standen in der HIV-Prävention von Beginn an das Kondom und die Motivation zur Kondomnutzung in sexuellen Risikosituationen im Vordergrund. Die im internationalen Vergleich niedrigen Infektionszahlen zeigen, wie erfolgreich diese Präventionsstrategie war und auch immer noch ist. Denn Kondome sind auch heute noch der einfachste Weg, sich vor HIV zu schützen und das Risiko einer Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen zu senken.

Vergleicht man die Infektionszahlen zwischen Ländern, die in der Prävention stark auf sexuelle Abstinenz, Treue und ehegebundenen Sex setzten, ist die Situation bezüglich HIV und anderen STI sehr viel schlechter als in Deutschland. Auch zeigen Belege aus den USA[1], dass die STI-Infektionszahlen und die Rate von ungewünschten Schwangerschaften in den Gruppen, in denen Abstinenz, Monogamie und Sexualität nur in der Ehe besonders stark vermittelt werden, ansteigen und die Zahlen um ein Vielfaches über denen in Deutschland liegen.

Hinzu kommt, dass sexuelle Abstinenz und ehegebundener Sex für eine Vielzahl von Menschen keine realistischen Optionen sind. Würden wir uns in der Kommunikation auf diese Präventionsbotschaften fokussieren, würden wir die Mehrheit der Bevölkerung nicht mit den für ihre Lebenssituation passenden Präventionsbotschaften erreichen.

 

Tragen die Cartoon-Motive  zu einem Verlust der Scham in der Öffentlichkeit bei?
Damit Prävention gelingen kann, muss sie glaubwürdig und lebensnah sein. Deshalb knüpfen die Motive an die Lebenswirklichkeiten von Menschen an. Gleichzeitig hat die aktuelle Kampagne den Anspruch, das Thema STI sprachfähig zu machen und es zu enttabuisieren. Aus diesem Grund hat man sich für das Stilmittel Cartoon entschieden. Damit können auf humorvolle Weise Dinge abgebildet werden, die in einer anderen Form nur schwierig abzubilden gewesen wären, zu denen es jedoch ein hohes Informationsbedürfnis in der Bevölkerung gibt (z. B. zu Symptomen verschiedener sexuell übertragbarer Infektionen). Mit der Befürchtung, dass entsprechende Darstellungen zu explizit sein könnten, sieht sich die BZgA von Beginn ihrer HIV/AIDS-Prävention immer wieder konfrontiert. Auch die klassische ‚mach’s mit‘-Kampagne (Darstellung von Kondomen) ging Anfang der 90er Jahre Teilen der Bevölkerung zu weit in ihrer Darstellung. Gleichzeitig war sie eine der erfolgreichsten und beliebtesten Kampagnen – im Rückblick hat sie wesentlich dazu beigetragen, die Kondomnutzung in Deutschland zu fördern.

In der HIV-Prävention wurde seit Anfang der 80er Jahre in Deutschland viel erreicht. Dank der guten Präventionsarbeit sind die Neuinfektionszahlen zwar auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, dennoch infizieren sich jedes Jahr ca. 3.200 Menschen neu mit HIV. Die HIV-Prävention bleibt also weiterhin wichtig.

Gleichzeitig gibt es Zunahmen bei einigen anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Bleiben solche Krankheiten unbehandelt, können sie vielfältige Beschwerden verursachen und zum Teil schwere Gesundheitsschäden wie Unfruchtbarkeit, Zeugungsunfähigkeit oder Krebs auslösen. Außerdem erhöhen sie das Risiko, sich beim Sex ohne Kondom mit HIV anzustecken. Deshalb wird die Prävention von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wichtiger.

Die Bundesregierung hat daher eine Strategie zur Eindämmung von HIV und anderen sexuell übertagbaren Krankheiten entwickelt. Ihr Ziel ist, die Bekämpfung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten mit einem übergreifenden Ansatz fortzusetzen und zu verstärken. Dadurch können Gemeinsamkeiten in der Prävention, der Diagnostik und der Therapie besser genutzt werden.

Außerdem weiß die BZgA aus Befragungen, dass viele Menschen nichts von ihrer Infektion wissen. Das trägt dazu bei, dass Infektionen weiter gegeben werden. Es gilt daher weiterhin, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das der Tabuisierung und Ausgrenzung entgegenwirkt und Angebote zugänglich zu machen, die dem Lebensalter und den Lebensumständen entsprechen. Dies beginnt mit Impfungen im Kindesalter gegen Hepatitis B und HPV und geht über Aufklärung und Prävention im Jugend- und Erwachsenenalter bis hin zu altersunabhängigen Diagnostik- und Behandlungsangeboten und der Versorgung im Alter.

Die Strategie ist veröffentlicht:

http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Praevention/Broschueren/BMG_BIS_2030_web.pdf

Die neuen Informationsangebote der BZgA setzen genau hier an. Die „Liebesleben“-Kampagne soll Menschen über HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen informieren und sie zu einem verantwortungsvollen Verhalten sich selbst und anderen gegenüber zu motivieren. Die Kampagnen-Motive wurden vor der Veröffentlichung unter anderem auf ihre Akzeptanz in der Bevölkerung hin getestet. Die Tests zeigen, dass die Motive eine hohe Akzeptanz bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung haben und dass der Grad der sexuellen Anspielung von der großen Mehrheit der Befragten als „genau richtig“ empfunden wird. Die Motive werden als geeignet eingeschätzt, mehr Menschen dazu zu bringen, sich beim Sex vor einer möglichen Ansteckung zu schützen, und mehr Menschen dazu zu bringen, bei Verdacht auf eine sexuell übertragbare Infektion zum Arzt zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Simone Bürger