„Als wären kinderreiche Familien unsichtbar“

Pressemitteilung

„Als wären kinderreiche Familien unsichtbar“: Eine 8-köpfige Familie muss genauso mit 87 Euro auskommen wie eine 5-köpfige Familie

Mönchengladbach, 20.03.2023. Die Kindergelderhöhung im Rahmen des Inflationsausgleichgesetzes (IAG) trägt nicht zur finanziellen Entlastung in großen Familien bei. Noch immer erfahren vierte und weitere Kinder keine inflationsangepasste Unterstützung. 

Viele Familien ächzen gegenwärtig besonders unter den enormen Lebensmittelpreisen. Für Familien mit mehreren Kindern ist die Lage deshalb sehr angespannt. „Als wären kinderreiche Familien unsichtbar“, zeigt sich die Vorsitzende Dr. Elisabeth Müller enttäuscht vom IAG. Der Verband fordert eine inflationsbedingte Anpassung und Nachbesserung des Kindergeldes pro Kind um 35 Euro und schlägt die Beibehaltung der gestaffelten Sätze vor dem IAG für dritte und weitere Kinder vor.  

Die Grundnahrungsmittel machen einen großen Teil des monatlichen Budgets aus. „Als Mutter von mehreren Kindern und Verbandschefin bin ich mir sehr bewusst darüber, wie angespannt die finanzielle Lage gegenwärtig ist, insbesondere wenn es um die Grundnahrungsmittel geht“, so Müller. Noch vor 12 Monaten hätte man für einen typischen Einkauf von Milch, Brot und Eiern nur 5-10 Euro ausgegeben, aber heute kosten diese Produkte alleine schon 15-20 Euro. Wenn man bedenkt, dass man als Familie in der Woche mehrere solcher Einkäufe tätigen muss, kann das schnell zu einer immensen finanziellen Belastung werden, wie die Zahlen zeigen (siehe Tabelle).

Je mehr Kinder im Haushalt leben, desto mehr schmilzt die Wirkung des Kindergeldes ab, denn  sowohl für eine 8-köpfige Familie als auch eine 5-köpfige Familie stehen nach der Erhöhung des Kindergeldes mit dem IAG lediglich 87 Euro monatlich mehr zur Verfügung. Dabei brauchen gerade kinderreiche Haushalte besondere Unterstützung, müssen aber, wie das Beispiel verdeutlicht, mit demselben Betrag auskommen, wie kleinere Familien. So liegt die Unterstützungswirkung des inflationsangepassten Kindergeldes mit 5 Kindern bei 7,48%. Allein die Inflationsrate lag im Februar 2023 bei 8,7%. Einmal einkaufen und dann ist das „Unterstützungsgeld“ von 87 Euro sofort aufgeschmolzen – und davon sind noch keine Öl- und Gaskosten, Lehr- und Lernmittel, Vereins- oder Musikschulmitgliedschaften bezahlt. 

Laut Abfrage unter Mitgliedsfamilien des Verbandes kostet der Wocheneinkauf in kinderreichen Familien durchschnittlich 100-150 Euro mehr. Generell ist der Warenkorb bei kinderreichen Familien wesentlich voller. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Inflation die kinderreichen Familien wesentlich stärker trifft. „Leider wird der Warenkorb und damit die tatsächliche Inflationsrate kinderreicher Familien statistisch nicht erfasst, sodass auch hier dringend Nachholbedarf besteht“, wünscht sich Müller. 

Für den Verband ist es daher unerlässlich, dass die Regierung zeitnah Maßnahmen ergreift, um Familien mit mehreren Kindern jetzt zu unterstützen und die finanzielle Belastung zu verringern. „Ein- und Zwei-Kind-Familien profitieren um die Hälfte mehr von der Inflationsanpassung als Familien mit drei oder mehr Kindern“, so Müller. „Die kinderreichen Familien, die einen so wichtigen generativen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten, werden in diesen herausfordernden Zeiten schlichtweg übersehen. Diese Familien spüren, dass ihr Familienmodell vergessen wird. Mehrkindfamilien werden so immer mehr ins Abseits gestellt.“

Familie mit Kindergeld 2022, vor dem Inflationsausgleichgesetz (IAG) Kindergeld 2023, nach dem IAG Erhöhung in € je weiteres Kind Erhöhung in % (abhängig der Kinderzahl)
1 Kind 219 € 250 € + 31 14,15
2 Kinder 438 € 500 € + 62 14,15
3 Kinder 663 € 750 € + 87 13,12
4 Kinder 913 € 1000 € + 0 9,53
5 Kinder 1163 € 1250 € + 0 7,48
6 Kinder 1413 € 1500€ + 0 6,1

Über den Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.

Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) ist im Jahr 2011 aus der Initiative engagierter kinderreicher Familien entstanden; vertritt 1,4 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland und setzt sich in Politik, Wirtschaft und Medien für ihre Interessen ein. Der Verband versteht sich als Netzwerk von Familien mit drei und mehr Kindern, die sich untereinander unterstützen und die Öffentlichkeit für ihre Anliegen erreichen wollen. Der Verband ist konfessionell ungebunden und überparteilich.

Kontakt Bundesverband

Dr. Laura Schlichting
Referentin des Bundesvorstandes
Korschenbroicher Str. 83
41065 Mönchengladbach
presse@kinderreiche-familien.de 

https://www.kinderreichefamilien.de/willkommen.html 

Gegen die familienpolitische Kurzsichtigkeit des Landes Baden-Württemberg

Wie wir am 13.  Januar 2017 berichteten, kürzt das Land Baden-Württemberg ab sofort den einmaligen Zuschuss von  2500.- pro Kind bei Drillings-und Mehrlingsgeburten. Im Jahr 2015 war dieser Unterstützung für 44 baden-württembergische Familien  eine unverzichtbare Starthilfe. Der Verband kinderreicher Familien in Deutschland KRFD zeigt sich entsetzt.
Gegen die familienpolitische Kurzsichtigkeit des Landes Baden-Württemberg

Pressemitteilung

 

Stuttgart/Mönchengladbach, den 16.02.2017: Mit Erstaunen haben der Verband kinderreicher Familien (KRFD) und der ABC Club e.V. die Entscheidung des Stuttgarter Sozialministeriums zur Kenntnis genommen, den Landeszuschuss an Eltern mit Mehrlingsgeburten zu streichen. Bislang hat das Land Baden-Württemberg Familien mit Mehrlingsgeburten mit einer Einmalzahlung von 2500 Euro pro Kind unterstützt. „Der Landeszuschuss war eine enorme Hilfe, denn eine Mehrlingsgeburt bedeutet neben der Freude über den geballten Familienzuwachs eben gerade am Anfang massive finanzielle Ausgaben und eine komplette Umstellungen aller Lebensvollzüge“, so Ulf Köster, 1. Vorsitzender des ABC Club e.V. Deutschland. Die internationale Drillings- und Mehrlingsinitiative ist seit dem Jahr 2016 Kooperationspartner des KRFD.

 

Diese Maßnahme sei ein „bedrückender Hinweis auf die Blindheit und Kurzsichtigkeit politisch Verantwortlicher gegenüber den Familien, ihren Bedarfen und schlussendlich auch gegenüber der Zukunft unseres Landes“, kommentiert Dr. Elisabeth Müller, Vorsitzende des KRFD und selbst Mutter von sechs Kindern. Unserer Gesellschaft fehlten Kinder und besonders fehle es vielen Eltern an Mut zum dritten oder vierten Kind, obwohl sie es sich eigentlich wünschten.

 

Eltern, die die Herausforderung Großfamilie annehmen, die Unterstützung zu verweigern, sei nicht nachvollziehbar. Zumal diese Einmalzahlung im Jahr 2015 nur bei 44 Familien angezeigt war und den Landeshaushalt mit lediglich 400.000 Euro belastet habe.  „Diese eine Sparmentalität simulierende Entscheidung zu Lasten der Familie zerstört das Vertrauen von zukünftigen Eltern und bestätigt junge Menschen in ihrem Verdacht, dass Familiengründung bestraft wird“, führt Müller aus. „Mehrlingsgeburten bedeuten für die Eltern oft die Suche nach neuem Wohnraum, einem neuen Auto, teureren Mehrlingskinderwagen und entsprechender häuslicher Ausstattung“, erklärt Ulf Köster die rein finanziellen Herausforderungen für Mehrlingseltern konkret. „Nachhaltige Familienpolitik braucht klare Analyse und Empathie und beides fehle bei der aktuellen Entscheidung“, fassen Müller und Köster zusammen.

Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. 
Edna Wollenweber
Korschenbroicher Str. 83
41065 Mönchengladbach
Tel. 02161-3030953

 

Antwort aus dem Sozialministerium Baden Württemberg, 13. März 2017

Verheerender Maßstab!

Der Verband kinderreicher Familien  wehrt sich dagegen, familienpolitische Leistungen allein an kurzfristiger wirtschaftlicher Rentabilität zu bewerten:

„Verheerende Noten für die deutsche Familienpolitik“ titelte kürzlich der SPIEGEL und informierte über das Resümee einer Studie, die die Wirkungen der familienpolitischen Leistungen evaluieren sollte. Als verheerend sollte allerdings der Maßstab bezeichnet werden, an dem die Studie offensichtlich die Effektivität der Leistungen für die Familie bemisst: an deren finanziellen Rücklauf in die Steuerkasse. Erneut lässt sich also feststellen: Was sich nicht in Summen ausdrücken lässt, das existiert nicht. Schon bei den Beitragsjahren für die Rentenkasse wird es ja so gehandhabt: Was sich nicht in Beitragsjahren und entsprechende Einzahlungen ausdrücken lässt, das existiert als Lebensleistung nicht.

Es ist gut, dass Familienministerin Dr. Kristina Schröder sich vehement dagegen gewehrt hat, familienpolitische Leistungen allein nach kurzfristiger wirtschaftlicher Rentabilität zu bewerten. Die simple Kostenkalkulation hat der Familie noch nie gut getan, denn sie ist für die Leistungen und auch das Glück des Familienlebens blind. Wenn wir uns die demographische Entwicklung anschauen, dann muss man sagen: mit massiven Folgen und langfristig hohen Kosten!

Schon jetzt ist absehbar, dass Familienpolitik eines der Wahlkampfthemen sein wird. Das ist richtig, zeigt aber auch, wie wenig selbstverständlich Familie in unserer Gesellschaft geworden ist. Bereits seit mehreren Wochen, jedoch besonders intensiv seit der SPIEGEL- Berichterstattung, fragen uns Medien an und wollen über Familien berichten: über den Alltag mit vielen Kindern, über „zu klein“ geratene Familienkarten, über finanzielle Engpässe oder über die Ungerechtigkeiten im Sozialsystem. Als Verband sind wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Wenn wir alle unsere Möglichkeiten nutzen, Familie ins Gespräch zu bringen, dann werden wir wieder dorthin kommen, wo wir eigentlich hingehören: in die Mitte der Gesellschaft.

Dr. Elisabeth Müller, Verband Kinderreicher Familien Deutschland, KRFD e.V.

KRFD – Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. <krfd@kinderreiche-familien.de>